First Study Trip to Vietnam

Hanoi – Halong Bay – Ho-Chi-Minh-City

07. bis 14. Oktober 2018

„Geld, Reichtum und Wohlstand“ sind Begriffe, die immer wieder fallen, wenn Global Bridges Mitglieder sich auf dem First Study Trip to Vietnam über die derzeitige Lage und Zukunft Vietnams erkundigten. Dies sind die Werte, die vor allem auch die überdurchschnittlich junge Bevölkerung Vietnams bei Umfragen benennt. 70 % sind unter 30 und derzeit gibt es nur 4 % „Alte“. Wie verträgt sich dies mit Konfuzius und Kommunismus? Unser Stadtführer, ein deutscher Auswanderer hatte die Antwort parat: Es vertrage sich vorbildlich! Konfuzius bedinge den Turbo-Kapitalismus, da Reichtum eine Form des Patriotismus sei. Eine gewisse pragmatische Grundhaltung war hier deutlich erkennbar.

Was verbindet die Menschen in Vietnam außerdem noch? Sicherlich das „Feindbild China“. Vietnam tut alles dafür, nicht von China abhängig zu werden, wie der ein oder andere Nachbarstaat. „Ohne China aber mit Deutschland“ ist eine oft zu hörende Haltung. Vietnam ist sehr deutschlandfreundlich, insbesondere aufgrund der Verbindungen zur damaligen DDR. Und die Chancen, zu „Geld, Reichtum und Wohlstand“ zu kommen, stehen gut! Vietnam verzeichnet ein hohes Wirtschaftswachstum, zählt gar zu den wachstumsstärksten Ländern Asiens. Das Wirtschaftswachstum übertraf 2017 mit 6,8 % sogar die Erwartungen der vietnamesischen Regierung. Ausschlaggebend sind ein rasant steigender Export, ein konstant hoher Zufluss ausländischer Investitionen und „gute Konsumlaune der Verbraucherinnen und Verbraucher“, wie bei Terminen im „Deutschen Haus“ u.a. mit der Außenhandelskammer (AHK) und mit Mitgliedern des Politbüros immer wieder betont wurde. Der Handelskrieg zwischen China und den USA tut sein Übriges, sodass es vielleicht bald schon heißt „Good-bye China, Good Morning Vietnam“?!

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Vom 7. Oktober bis 14. Oktober reisten Mitglieder von Global Bridges erstmalig nach Vietnam. Was bleibt an Erinnerungen und vor allem Erkenntnissen? Wofür steht Vietnam? Zusammenfassend lässt sich Folgendes sagen: VIETNAM steht für

  1. V-ery young people,
  2. I-nternational relations,
  3. E-mobility
  4. T-rade
  5. N-guyen,
  6. A-wonderful place called Halong Bay und
  7. M-ehr!

Ad 1.) V-ery young people

Vietnam ist jung, sehr jung! 70 % sind über 30. Und sie wollen Wohlstand, mehr als alles andere. Für sie schließt sich Kapitalismus, Konfuzius und Kommunismus nicht aus, sondern bedingen einander. Über den Ehrgeiz der jungen Leute konnte Global Bridges sich u.a. bei dem Besuch der Hanoi Law School mit 17.000 Studierenden einen Eindruck verschaffen. An der German Faculty kann man sogar deutsches Recht studieren. Beeindruckend war sicher auch der Besuch der Vietnamesisch-Deutschen Universität, die u.a. vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und Deutscher Akademischer Austauschdienst (DAAD) finanziert wird. 98 % eines Abschlussjahrganges findet innerhalb eines Jahres den Weg in den Beruf.

Ad 2.) I-nternational relations

Vietnam pflegt vielfältige internationale Beziehungen, vor allem mit Deutschland. Dies geht noch auf die alte Verbundenheit mit der ehemaligen DDR zurück. Deutsch findet auch nach wie vor Anklang bei vietnamesischen Sprachschülerinnen und -schülern im Goethe-Institut – trotz harter Konkurrenz mit der englischen Sprache. Die Arbeit des Goethe-Instituts ist dabei nicht immer einfach aufgrund der erforderlichen Genehmigungen der Zensurbehörde.

Besondere Bedeutung hat auch das „Deutsche Haus“ in Saigon. Seine Gründung geht auf ein deutsch-vietnamesisches Regierungsabkommen zurück und beherbergt das Generalkonsulat sowie verschiedene Vertreter der Wirtschaft. Spannend waren auch die Gespräche mit Start-ups wie z.B. mit „EDUBAO“ im Bildungsbereich.

Vietnam ist gerade in einer politischen Veränderungsphase. Kritisch wird – nicht nur in Deutschland – gesehen, dass nach dem Tod des alten Präsidenten, Tran Dai Quang, der neue Präsident und der Parteichef nunmehr eine Personalunion bilden. Der bereits jetzt immense Einfluss der Partei wird dadurch weiter ausgebaut. Auch das neue Cyber Security Law bietet der Partei große Einflussmöglichkeiten auf in die Meinungsfreiheit im Internet, was in den Gesprächen u.a. mit dem deutschen Konsulat oder der Friedrich-Naumann-Stiftung immer wieder zum Ausdruck kam. Vietnam steht auf Platz 175 des aktuellen World Press Freedom Index, wie ein Journalist der BBC eindrücklich weiter erläuterte. Immer wieder genannt wurde auch das Korruptionsproblem. Hier steht Vietnam an 107. Stelle des Internationalen Korruptionsindex von Transparency International. Es gibt durchaus Bemühungen der Partei, gegen Korruption vorzugehen. Das Dilemma ist, dass dadurch an dem Ast gesägt wird, auf dem man selber sitzt. Oft wird auch der Eindruck erweckt, dass Korruptionsvorwürfe nur dann gegen einzelne Parteimitglieder erhoben werden, wenn diese aus anderen Gründen unliebsam geworden sind.

Global Bridges besuchte Vietnam in einer besonders angespannten Lage hinsichtlich der deutsch-vietnamesischen Beziehungen. Aufgrund der Entführung eines vietnamesischen Geschäftsmanns im Berliner Tiergarten durch den vietnamesischen Geheimdienst wurde die strategische Partnerschaft 2017 von der Bundesregierung ausgesetzt, inzwischen aber wieder eingesetzt. Das Auswärtige Amt hatte u.a. verhandelt, dass der Menschenrechtspreisträger des Deutschen Richterbundes und seine Assistentin nach Deutschland ausreisen durften. Von „business as usual“ kann jedoch noch keine Rede sein. Es geht eher um eine Normalisierung des bilateralen Verhältnisses. Die Zukunft wird zeigen, welche Art von Politiker sich in Vietnam durchsetzen wird:

  • derjenige, der Interesse an einer Modernisierungspartnerschaft (ungleich Regimewechsel) hat,
  • der Pragmatiker, der sich gezielt für Modernisierung einsetzt, damit das Land funktionsfähig bleibt
  • oder derjenige, der Modernisierung- wenn überhaupt- nur mit Kontrolle befürwortet?

Ad 3.) E-mobility

Wer in Vietnam mobil sein möchte, der fährt Moped oder Roller. Gerne werden dabei, zusätzliche zur halben Familie, der Hund und ein Hühnerkäfig auf dem Gepäckträger mitgenommen. Und – ganz wichtig – Mundschutz nicht vergessen! Der Mundschutz wird vielleicht demnächst nicht mehr ganz so oft gebraucht werden, denn die Elektroroller sind auf dem Vormarsch. Und mit dem vietnamesischer Autohersteller VinFast und einem Auto „made in Vietnam“ mit deutscher Technologie steht die Entwicklung von Elektroautos und Elektrobussen auf dem Programm. Ansonsten nimmt man ein Fahrrad von Strongman. Die eindrucksvolle Fabrik produziert hochwertige Fahrräder für Marken im Ausland, ob mit oder ohne Elektromotoren. Der Besuch dieser Fabrik zeigte einmal mehr, dass Vietnam im Vergleich zu China eher auf Qualität statt auf Masse setzt.

Ad 4.) Trade

Vietnam gehört weltweit zu den am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften und ist eine der dynamischsten Volkswirtschaften Asiens. So betrug das Wirtschaftswachstum 2017 6,8 %. Dies ist u.a. auf einen steigenden Export, einen konstant hohen Zufluss ausländischer Investitionen und eine wachsende Mittelschicht mit steigendem Konsumnachholbedarf zurückzuführen. Dies wurde bei Gesprächen mit Wirtschafts- und AHK-Vertretern im „Deutschen Haus“ sowie mit einer Vertreterin der Vietnam Leather, Footwear and Handbag Association (LEFASO) und Mitgliedern des Politbüros immer wieder betont. Ein dynamisches Umfeld (ASEAN) trägt ebenfalls zum wirtschaftlichen Wachstum bei. Zudem ist Vietnam im Unterschied zu anderen kommunistischen Staaten den Weg in Richtung globale Integration gegangen. Vietnam ist Mitglied der World Trade Organization (WTO) und eines der wenigen Länder der Association of Southeast Asian Nations (ASEAN), die bei allen relevanten Freihandelsentwicklungen in der Region dabei sind.

Weiterhin profitiert Vietnam von jungen und motivierten Arbeitskräften. Vietnam wird daher auch das „Preußen Asiens“ genannt. Die vietnamesische Regierung ist sehr bemüht, günstige Bedingungen für ausländische Investitionen zu schaffen. 40 % des Bruttoinlandsprodukts gehen mittlerweile auf ausländische Direktinvestitionen zurück.

Chancen ergeben sich auch durch den Handelskonflikt China-USA China exportiert mittlerweile über Vietnam. Die Industrie ist vor allem im Süden zu finden, der Norden wird dahingegen eher als „Bauernstaat“ wahrgenommen.

Sehr erkenntnisreich, insbesondere mit Blick auf das EU-Freihandelsabkommen mit Vietnam war auch die Diskussion mit Bruno Angelet, EU-Botschafter in Vietnam. Das Abkommen soll Anfang 2019 in Kraft treten, in der Hoffnung, dass andere asiatische Staaten folgen werden. Wichtig war der EU der Schutz ein Nachhaltigkeitskapitel, bei dem es u.a. um die Einhaltung internationaler Arbeitsstandards geht.

Ad 5.) N-guyen

Nguyen ist der häufigste in Vietnam vorkommende Familienname, insgesamt gibt es ca. 300. Und so ist es kein großer Zufall, dass die Delegation den einen oder anderen Vertreter dieses Namens getroffen hat. Als besonderes Highlight und exemplarisch sei an dieser Stelle das Gespräch mit Prof. Nguyen Thien Nhan genannt, Party Secretary von Ho-Chi-Minh-Stadt und Politbüromitglied. Er war als Bildungsminister verantwortlich für die Errichtung der Vietnamesisch-Deutsche Universität, wurde dann Deputy Prime Minister, gilt als sehr deutschlandfreundlich und hält außerdem einen PhD der Universität Magdeburg. Vor allem hat er während des Mauerfalls an der vietnamesischen Botschaft in der DDR gearbeitet und konnte aus dieser Zeit lebhaft berichten.

Unbedingt erwähnenswert ist auch das Treffen mit Herrn Truong Tan Sang, dem ehemaligen vietnamesischen Regierungspräsidenten. Er betonte vor allem die Bedeutung von Investitionen und zeigte sich im Übrigen bewusst diplomatisch bei der einen oder anderen Frage.

Ad 6.) A – wonderful place called Halong Bay

Global Bridges Reisen sind schön – und ganz schön anstrengend! Wie gut, dass ein paar gute Geister fürs Wochenende einen Ausflug zur Halong Bay organisiert haben. Die Bilder sprechen an dieser Stelle für sich.

Ad 7.) M-ehr

Vietnam steht für viel mehr, als es dieser Reisebericht wiedergibt. Und – wie es nach solch einer gelungenen Reise üblich ist – kam die Delegation mit Erinnerungen, Erkenntnissen und vielen Fragen zurück nach Deutschland. Quo vadis Vietnam? Mehr Kapitalismus wagen? Mehr Rechtsstaat? Die Partei ist omnipräsent. Zu beobachten bleibt, inwiefern der hohe Anteil junger Menschen, deren Auslandserfahrungen und die Verwendung von Social Media nicht nur zu einer wirtschaftlichen, sondern auch einer gesellschaftlichen Öffnung führen wird.

Dr. Christiane Unland-Schlebes