„Ein von Klarheit und Respekt geprägter Dialog“ – Das III. Deutsch-Chinesische Video-Symposium

25. März 2021

Das China Institute for International Strategic Studies und Global Bridges setzen ihren respektvollen Austausch fort. Er basiert auf dem Vertrauen, das zwischen den beiden Institutionen über viele Jahre aufgebaut wurde. Ein Panel hochkarätiger Redner aus dem diplomatischen Corps, der militärischen Führung und der Wirtschaft diskutierte die Beziehungen zwischen den USA, Europa und China zu Beginn der Präsidentschaft von US-Präsident Joe Biden.

Global Bridges Executive Chairman Dr. Beate Lindemann brachte eine Runde von Rednern zusammen, die hohe Expertise und enorme Erfahrung aus allen drei Ländern vereinen: Generalmajor Gong Xianfu, Dr. Rudolf Adam (Berlin Global Advisors), Botschafter John C. Kornblum, Senior Colonel Bai Zonglin, Senior Colonel Yu Hanmin und DGAP-Präsident Dr. Thomas Enders.

Botschafter Dr. Volker Stanzel moderierte das Symposium und wies in seiner Eröffnung darauf hin, dass es keiner Pandemie bedurfte, um zu zeigen, dass in einer immer komplexer werdenden Welt ein substanzieller Dialog zwischen den Kulturkreisen, wie er von Global Bridges und dem CIISS organisiert wird, dringend notwendig sei.

Die hervorragenden Ergebnisse der bisherigen zwei Symposien wurden von Gong Xianfu eingangs gewürdigt. Der Generalmajor sagte, dass kurzfristige Herausforderungen wie die Pandemie und langfristige Herausforderungen wie der Klimawandel von der Weltgemeinschaft gemeinsam angegangen werden müssen. Die Biden-Administration sei in den Augen der Chinesen ganz anders als die Trump-Administration. Bidens Regierung sei erfahrener, rationaler und professioneller, so der General. China habe bemerkt, dass Präsident Biden bereits wichtige Anpassungen vorgenommen hat, und die Volksrepublik hat die Botschaft aus Bidens Reden beim G7-Gipfel und bei der Münchner Sicherheitskonferenz vernommen: „America is back – Amerika ist zurück“. Vor diesem Hintergrund sagte Gong Xianfu: „Jetzt ist der richtige Zeitpunkt für unsere beiden Institutionen CIISS und Global Bridges, unseren von Klarheit und Respekt geprägten Dialog fortzusetzen.“

Dr. Rudolf Adam begann seine Ausführungen mit der Feststellung: „China ist eine Supermacht“. Das Land sei mehr und mehr eine Quelle von Normsetzung, Innovation und Kapital in der globalen Wirtschaft. Die Tatsache, dass China eine Autorität ist, sei für den Westen besorgniserregend, insbesondere dann, wenn China das eine sage aber etwas anderes tue, so der deutsche Panelist. Als Beispiele nannte Adam die Territorialstreitigkeiten im Südchinesischen Meer, die Menschenrechtsfrage der Uiguren und die Situation in Hongkong. Adam drückte seinen Respekt vor China aus und wies darauf hin, dass der Westen lernen müsse, China besser zu verstehen. Gleichzeitig sei es aber dringend notwendig, sich auf Regeln zu einigen, die für beide Seiten verbindlich sind. Er schloss damit, dass wir ohne Chinas aktive Beteiligung die globalen Probleme nicht angehen können.

Botschafter Kornblum sagte, dass China in diesen Tagen in aller Munde sei und das Land von enormer wirtschaftlicher Bedeutung sei. Der amerikanische Demokrat sagte, dass Präsident Biden die wohl erfahrenste Administration in der Geschichte der USA zusammengestellt habe. China sei für die USA wichtiger als für Europa, so der Diplomat. Er erinnerte daran, dass der erste diplomatische Kontakt der USA mit China im 18. Jahrhundert stattfand. Kornblum wies darauf hin, dass es entgegen dem Titel des Symposiums keine trilaterale Beziehung zwischen den drei Ländern gäbe. Die westliche Welt vereint eine Milliarde Menschen (EU plus Amerika) und ist eine Wertegemeinschaft. Das brächte enorme Vorteile: Freiheit und Wohlstand. Gerade in der digitalen Wirtschaft zahlen sich die westlichen Werte aus, denn sie setzt auf Ehrlichkeit und Vertrauen. Dass eine Gesellschaft, die Freiheit unterdrückt, auf Dauer zum Scheitern verurteilt sei, ist Kornblums Überzeugung.

Der Botschafter ist überzeugt, dass China bald die zweitwichtigste Weltmacht sein wird. Aber das Land war 100 Jahre lang nicht Teil der führenden globalen Kräfte und die Geschichte zeigt, dass jedes Mal, wenn eine neue Macht auftaucht, es zu Friktionen führe. Kornblum beschrieb die aktuellen Herausforderungen als ganz anders als sie es im Kalten Krieg waren, weil China tief in die Weltwirtschaft integriert und nicht, wie die Sowjetunion damals, isoliert ist: China, die USA und Europa hängen voneinander ab.

Senior Colonel Bai Zonglin analysierte die Anstrengungen von Präsident Biden, die transatlantischen Beziehungen wieder zu verbessern. In dem Zusammenhang erwähnte er den Abzug amerikanischer Truppen aus Deutschland zu stoppen und die Rückkehr zu einer wertebasierten Diplomatie zu unterstützen. China begrüße diese Entwicklung, weil sie die Unsicherheit reduziere. Die Frage sei, wie Europa sein Bündnis mit Amerika und sein Ziel nach strategischer Autonomie „ausbalancieren“ werde. Der Senior Colonel ist davon überzeugt, dass die USA von Europa weiterhin eine Lastenteilung fordern werden. Bai Zonglins Ausführungen machten deutlich, wie genau China die USA und die EU beobachtet und jeden Versuch analysiere, eine Allianz gegen China zu schmieden.

Botschafter Stanzel fasste den ersten Teil des Symposiums mit der Bemerkung zusammen, dass Europa und die USA ihre Beziehungen wieder normalisieren, aber die Welt sich in den letzten Jahren verändert hat und strategische Differenzen gegenüber China deutlicher werden.

Senior Colonel Yu Hanmin analysierte den strategischen Wettbewerb zwischen den USA und China. Seiner Ansicht nach versuchen die USA, Europa für sich zu gewinnen, um ihre Position zu stärken. Allerdings sei dieser Versuch aufgrund unterschiedlicher Interessen begrenzt. Die US-Sanktionen gegenüber China beruhen lediglich auf Lügen und Desinformation über angebliche Menschenrechtsverletzungen, sagte der Senior Colonel. Er zeigte sich zuversichtlich, dass die EU auf Ausgleich bedacht seinen und nicht nach der Pfeife der USA tanzen werden. Das sei teilweise ökonomisch begründet: China hat die Vereinigten Staaten als wichtigster Wirtschaftspartner Europas überholt. Laut Yu Hanmin ist das umfassende Investitionsabkommen zwischen der EU und China ein Meilenstein und sollte von den Europäern nicht als Gefallen oder Geschenk betrachtet werden. Er wies darauf hin, dass China legitimerweise Wohlstand für sein eigenes Volk anstrebte und keine Expansion oder Störungen der internationalen Ordnung suche. China sehe die EU als Partner und betrachte Rivalität als schädlich für beide Seiten.

Der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik, Dr. Tom Enders, sagte, dass wir Zeugen eines geopolitischen Wettstreits zwischen China und dem Westen sind, der sich beschleunigt. Die Chancen für Präsident Bidens Versuch, die EU für sein Lager zu gewinnen, steigen mit Chinas harscher Reaktion auf die sehr begrenzten Sanktionen. Bundeskanzlerin Merkel ist Befürworterin einer Partnerschaft mit China, aber sie wird Ende des Jahres aus dem Amt scheiden. Das Investitionsabkommen zwischen der EU und China war Merkels Versuch, einen dritten Weg im Umgang mit der neuen Supermacht zu finden. Multinationale Unternehmen setzen auf China, werden aber von der Politik der Volksrepublik immer mehr befremdet, so Tom Enders. Es werde immer schwieriger, Geschäft und Politik auseinanderzuhalten. Die aggressive Haltung Chinas werde im Westen kritisch gesehen. Enders zählte die Internierungslager in Xinjiang, die Niederschlagung der Proteste in Hongkong, Chinas Bestrafung Australiens und den Konflikt im Südchinesischen Meer auf. Das alles zusammen habe Europa verloren und mache es deshalb Präsident Biden leicht, Europas für sich zu gewinnen. Der DGAP-Präsident schloss mit einem Aufruf zur Einigkeit: „Die Welt ist voller Probleme, und wir müssen diese gemeinsam lösen.“

Oberst Yu Hanmin wies darauf hin, dass verschiedene Zivilisationen und Kulturen durchaus koexistieren könnten. Der Westen sollte nicht versuchen, seine Institutionen, Werte und Lebensweise in andere Länder zu verpflanzen. Das ist im Nahen Osten gescheitert und werde auch in Asien scheitern. China beansprucht das Recht auf seine eigenen Werte und sein politisches System.

Generalmajor Gong Xianfu stellte abschließend fest, dass es eine fruchtbare Diskussion war und er sich mehr Zeit für die Debatte wünschte. Die Debatten über sehr wichtige Themen wie die Uiguren, Hongkong und das Südchinesische Meer spiegeln das Missverständnis des Westens gegenüber China wider. Das Investitionsabkommen zwischen der EU und China sei von gegenseitigem Interesse und die EU sollte strategische Autonomie haben.

Der Generalmajor schloss mit der optimistischen Feststellung, dass wir viel mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede haben und er keinen strategischen Interessenkonflikt zwischen China und dem Westen sieht.