III. Study Trip to the Islamic Republic of Iran

Teheran, Yazd, Kashan

7. –  14. April 2018

Am 15. April kehrte die Global Bridges Delegation voll spannender Eindrücke und neu gewonnener Kenntnisse von ihrem dritten Study Trip nach Iran zurück. Während das Land einen Boom erlebt, ist die Wirtschaftskrise noch immer allgegenwärtig. Die Sanktionen haben das Land über Jahre hinweg abgeschottet. Umso erstaunlicher ist es, mit wie viel Gastfreundschaft und Neugierde die Bevölkerung westlichen Besuchern begegnet und zuversichtlich nach Lösungen sucht, um sich neue Perspektiven zu schaffen.

Iran ist ein wunderschönes Land, facettenreich und gleichzeitig voller Widersprüche. Während unserer Reise hatten wir die Gelegenheit, uns mit hochrangigen Entscheidungsträgern aus Politik und Wirtschaft auszutauschen. Die Diskussionen waren offen und ehrlich und haben uns einen einmaligen Einblick in die schwierige Situation des Landes gegeben.

Wirtschaftliche Situation

Während eines Treffens mit Dr. Ali Ashrat Afkhami, CEO der Iran Security Organisation und CEO der Bank of Industry and Mine, erhielt die Delegation einen Einblick in die ungefilterte Realität der iranischen Wirtschaft. Dabei hob Dr. Afkhami insbesondere die von den USA initiierten Handelshindernisse und Sanktionen hervor, die Iran vor große wirtschaftliche Herausforderungen stellen. Auch die wachsende chinesische Wirtschaft und die fortschreitende Digitalisierung machten dem Land zu schaffen.

Trotz dieser Probleme ist Iran, Dr. Afkhami zufolge, in vielen Bereichen weiterhin sehr erfolgreich. Als Beispiel erwähnte er die Erfolge der Staatsbank, dessen Rating sich in den letzten Jahren deutlich verbessern konnte. Darüber hinaus habe die Bank entscheidende Investitionen in dem Energie-, Öl- und Chemiesektor getätigt. Ein weiterer Schwerpunkt der Staatsfinanzierung sei die Infrastruktur gewesen. So habe man erhebliche Mittel in den Ausbau der Eisenbahnstrecken und den Aufbau der iranischen Flugzeugflotte gesteckt. Auch die mittelständische Wirtschaft wurde mit Unternehmenskrediten versorgt.

Dr. Afkhami, inzwischen schon fast ein Freund von Global Bridges, überraschte die Delegation mit einer anschließenden Einladung zu einer reichhaltigen Erfrischung in den repräsentativen Räumen im obersten Stockwerk der Bank. Er nahm sich die Zeit, um mit jedem Teilnehmer weitere Gespräche zu führen und ließ jedem von ihnen eine Geschenktüte überreichen mit dem Wunsch, im nächsten Jahr wiederzukommen.

Insgesamt ist eine deutliche Verbesserung der Wirtschaftsdaten seit 2013 zu verzeichnen. Die Wachstumsrate des BIP ist in diesem Jahr von negativ auf ca. 4% gestiegen, die Inflationsrate von 55% (2013) auf nunmehr 10% (2017) gefallen, die Arbeitsloserate im letzten Jahr gesunken und auch die Börse hat sich positiv entwickelt.

Diese Entwicklung wurde von Vertretern deutscher Unternehmen in Iran während eines Empfangs in der Residenz des deutschen Botschafters Michael Klor-Berchtold bestätigt. In Einzelgesprächen wurde jedoch auch mehrfach betont, dass es große Schwierigkeiten in der Finanzierung von Investitionen und dem Zahlungsverkehr gäbe.

Die Delegation hatte außerdem die Möglichkeit, mit Mohammed Khazaei, stellvertretender Wirtschaftsminister und Leiter von OIETA, der Organization for Investment, Economic and Technical Assistance, zu sprechen. Auch er wies während des Treffens deutlich auf die Defizite bei der Finanzierung und den Auslandsüberweisungen hin und beklagte sich, dass trotz unzähliger Gespräche mit ausländischen Delegationen seit vielen Jahren keine erkennbaren Fortschritte zu verzeichnen seien.

Eine große Rolle spielt die Jugend in Iran – eine Generation, die sich beweisen möchte und nicht von der restlichen Welt abgehängt werden will. In Teheran etablieren sich immer mehr Start-Ups wie etwa Chapagha, das wir besichtigten. Das Unternehmen wurde 2016 gegründet und ist inzwischen Marktführer im Bereich des Online-Printings. Über 40 junge iranische Frauen und Männer arbeiten hier; die Kundenzufriedenheit liegt bei 98%. Das Start-Up Alibaba.ir, ein Reiseportal für Flug- und Hotelbuchungen, ist ein weiteres Beispiel für die wachsende junge Arbeitskultur in Iran. Das Unternehmen wurde 2014 gegründet und beschäftigt heute über 350 Mitarbeiter, wie uns stolz berichtet wurde. Wie Chapagha ist auch Alibaba.ir Marktführer in seinem Bereich und wird inzwischen auf rund 100 Millionen USD geschätzt.

Gleichzeitig ist ein Drittel der Hochschulabsolventen nicht erwerbstätig und Jugendarbeitslosigkeit stellt nach wie vor eine der größten Herausforderungen des Landes dar.

Eines wird uns jedoch schnell klar: Egal wohin wir kommen und mit wem wir sprechen, alle streben Lösungen und neue Perspektiven an, wollen unsere Meinung und Expertise hören und träumen von einem Iran, das sein großes wirtschaftliches Potential eines Tages auch nach außen tragen wird.

Dazwischen findet man auch immer mal wieder den einen oder anderen Europäer, der sich in Teheran niedergelassen hat. Michael Bitsch ist ein solches Beispiel. Neben seiner Tätigkeit bei der Deutsch-Iranischen Industrie- und Handelskammer hat er ein erfolgreiches Unternehmen in Teheran gegründet. Auch Manuel Ferdows, Deutsch-Iraner und Gründer und Managing Director der Mammut Factory, schätzt Iran als Wirtschaftsstandort. Er ist einer der größten Unternehmer in der Automobil- und Bauindustrie im Mittleren Osten und kennt das Geschäft schon lange. Man sei hier überzeugt von Qualität aus Deutschland und Europa, so Ferdows. Volkswagen ist groß bei ihm eingestiegen. Im kommenden Jahr sollen hier auch aktuelle Modelle des Autoherstellers gebaut werden. „Wir produzieren 1,5 Millionen Fahrzeuge, ohne Sanktionen wären es 2,5 Millionen. Iran bietet jeden Tag neue Herausforderungen, aber auch neue Möglichkeiten.“

Politische Situation

Es ist unbestritten, dass Iran und der Westen seit dem Sturz des Shahs ein gespanntes Verhältnis haben. Der andauernde Krieg in Syrien und besonders der Konflikt um das Atomabkommen tragen zu diesen Spannungen bei. Gholam Reza Ansari, stellvertretender Minister für wirtschaftliche Angelegenheiten und Finanzen im Außenministerium, bestätigte die schwierige politische Situation, in der sich Iran seit Jahren befinde. Er gab einen informativen Einblick in die Unterschiede zwischen sunnitisch und schiitisch geprägten Staaten und hob hervor, dass von dem schiitischen Staat Iran, anders als von vielen sunnitischen Staaten, bisher noch nie ein militärischer Angriff ausgegangen sei.

Unter dem Motto „to change the game“ fordert er, dass alle militärischen Aggressionen im Nahen und Mittleren Osten unterlassen und die Infrastruktur in den Staaten der Region dringend ausgebaut werden müsste. Als vorrangiges Ziel nannte Ansari die Zusammenarbeit mit dem Westen und hier vor allem die Verbesserung der Finanzierungsmöglichkeiten und die Verfügbarkeit westlicher Technologie. In der anschließenden Diskussion kam die schlechte Außendarstellung Irans zur Sprache. In dem Zusammenhang spielten die angespannten iranisch-israelischen Beziehungen eine nicht unwichtige Rolle. Herrn Ansari zufolge müsse man die Grenzen zwischen Israel und seinen palästinensischen Nachbarn zunächst deutlich definieren und international anerkennen, bevor Iran einen Staat Israel anerkennen würde.

Kulturschätze Irans

Neben dem interessanten und spannenden Aufenthalt in Teheran ging es für ein paar Tage „auf das Land“. Fernab des chaotischen Verkehrs liegt die Wüstenstadt Yazd, Heimat der zoroastrischen Feuerkultur. Hier gab es die Gelegenheit zu Gesprächen mit Offiziellen der Stadt und der gleichnamigen Provinz Yazd sowie zu bewegenden Begegnungen mit den freundlichen Einwohnern dieser wunderschönen Altstadt und der gelben Lehmbauten. Die Menschen hier, jung wie alt, waren geradezu hungrig nach Kontakten mit westlichen Ausländern.

Von Yazd reisten wir weiter durch die schier endlos scheinende Steinwüste zu einem steilen Felsmassiv, etwa 80km nördlich von Yazd, um die aus der Höhlendecke austretende Quelle des größten Heiligtums der Zoroasten in Chak Chak zu bewundern.

Insgesamt war es eine großartige Reise, die Global Bridges für seine Mitglieder organisiert hat. Der Zeitpunkt hätte kaum spannender für einen offenen und ehrlichen Austausch mit unseren iranischen Gastgebern und Gesprächspartnern sein können und, um so manches Vorurteil oder langjährige Missinformationen zurechtzurücken.