Videokonferenz der Afrikareisenden

8. April, 2020

Am 8. April wurde das Global Bridges Motto „Wir fahren hin“ vorrübergehend in „Wir zoomen uns hin“ umgewandelt. In einer knapp 90-minütigen Online-Videokonferenz diskutierten 15 Teilnehmende der letzten beiden Afrikareisen über die aktuelle Lage in Äthiopien sowie Ansätze, das Land in dieser Situation vor Ort zu unterstützen.

Nach einem Monat des Social Distancing war die Freude auf die virtuelle Zusammenkunft bei allen Teilnehmenden groß. Dr. Claudia Winterstein eröffnete das Gespräch mit einem Überblick der derzeitigen Corona-Lage in Afrika: Den ersten positiv auf das Coronavirus getesteten Fall gab es am 14. Februar in Ägypten. Seitdem ist die Entwicklung rasant. Stand 08. April 2020 zählte die World Health Organization (WHO) 10.000 bestätigte Infektionen und 500 tödliche Verläufe der Krankheit COVID-19 auf dem afrikanischen Kontinent. Der Maßnahmenkatalog der einzelnen Länder reicht von Schul- und Restaurantschließungen, dem Streichen internationaler Flüge (Kenia) über das Verhängen einer nationalen Ausgangssperre (Ruanda) bis hin zur Freilassung von 4.000 Gefängnisinsassen und der Verschiebung der Parlamentswahl (Äthiopien).

Im Anschluss stellte unser Mitglied Dr. Philipp Schuller gemeinsam mit Gast Stephan Willms das durch ihre Initiative Africa Enablers gestartete Projekt „10.000 Ventilators for Ethiopia“ vor. Mit dem Projekt soll auf die chronische Unterfinanzierung und mangelhafte Ausstattung des äthiopischen Gesundheitssystems reagiert werden. Besonders der im Vergleich zu internationalen Großmächten nachrangige Zugang zu Beatmungsgeräten müsse durch eine lokale Produktion eines klinischen Beatmungsgeräts für Sauerstoffzufuhr begegnet werden.

Rund 80 Prozent der Bestandteile sollen lokal produziert werden, etwa 10-15 Prozent mit 3D Druckern hergestellt und nur ein kleiner Teil über internationale Lieferketten importiert werden. Dies sei möglich, da das Produkt dem medizinischen Bedarf und dem Ausbildungsstand des Personals angepasst sein soll. Derzeit stellt ein 10-köpfiges-Ingenieurteam die benutzerbezogenen Anforderungen fest und testet die Verfügbarkeit vergleichbarer Vorprodukte auf dem äthiopischen Markt.

Von offiziellen Stellen, wie Ministerien und der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), erhielt das Projekt bereits viel Zustimmung und Unterstützung. So bildete die GIZ beispielsweise eine Spezialtruppe, um Entscheidungen innerhalb weniger Tage zu ermöglichen. Dennoch gilt es, die Finanzierung zu sichern (Gespräche laufen z.B. mit dem Bundesministerium für wirtschaftlichen Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ)) und möglichst schon auf deutschem Boden die notwendige Zertifizierung des Produkts zu erlangen, um nicht durch langwierige, bürokratische Hürden ausgebremst zu werden.

Dass Eile geboten ist wird dadurch unterstrichen, dass Äthiopien am 8. April den nationalen Notstand ausgerufen hat. Damit können weitreichende Entscheidungen, beispielsweise zur stärkeren Einschränkung des öffentlichen Lebens, innerhalb von 48 Stunden getroffen werden. Die äthiopische Regierung erwartet durch die Pandemie einen starken Wirtschaftseinbruch, dem politische Unruhen folgen. Die Folgen der Pandemie werden von der Regierung als deutlich schwerwiegender als das Virus selbst eingeschätzt.

Ziel des Projekts ist es langfristig, über die Zeiten der Corona Pandemie hinweg, zu helfen und nachhaltig in Afrika zu investieren. Deshalb werden das Design des Beatmungsgeräts sowie der Produktionsprozess veröffentlicht – das Kopieren durch Dritte ist ausdrücklich gewünscht. Frühester Produktionsbeginn ist Ende Mai. Gleichzeitig wird ein Rollout in Mosambik, Kenia und Somalia geprüft. Interessensbekundungen liegen bereits vor.

Kleintraktoren für Kleinbauern

Global Bridges-Mitglieder Tobias Knoch und Elmar Stachels stellten mit ihrer Initiative „Kleintraktoren für afrikanische Kleinbauern“ eine weitere interessante Unternehmung vor. Der Besuch in Ghana im Herbst 2019 zeigte uns, dass der Enthusiasmus eines Farmers nur begrenzt zum Erfolg führt, wenn es an mechanischer Geräteausstattung mangelt. Ein äthiopischer Bauer bewirtschaftet im Schnitt zwischen 1-3 Hektar Land mit einfachsten Werkzeugen.

Lösungsmöglichkeiten gibt es zwei: Zum einen, hochwertige Traktoren nach dem Vorbild eines Sharing Services (wie z.B. via Hello Tractor) zur Verfügung zu stellen. Nachteil dabei ist, dass wenige Traktoren auf eine hohe Nachfrage treffen. Daher wird die zweite Lösungsvariante als zielführender angesehen: Geräte werden lokal produziert und gewartet und das Ganze so günstig, dass sie auch für einfache Kleinbauern erschwinglich sind.

Das Feedback der ersten Videokonferenz war sehr positiv, sodass die Teilnehmergruppe angeregt hat, weitere Calls im Zeitrhythmus von etwa einem Monat abzuhalten.

Gez. Celina Zenz-Spitzweg